Nachdem von dem herabrinnenden Blut des sterbenden Herrn einige Tropfen auch auf sein Gewand fielen, brachte er, dem damaligen Brauch entsprechend, die Blutreliquie dieses außerordentlichen „Helden“ aus Galiläa mit nach Hause. Sie wurde als Familienschatz durch die Generationen weitergegeben, bis sie im Jahre 1708 den Kanonikern der Basilika San Nicola in Carcere in Rom anvertraut wurde. Zum 100-jährigen Jubiläum der Gegenwart der Reliquie in dieser Kirche gründete der Kanonikus Francesco Albertini am 8. Dezember 1808 die Bruderschaft vom Kostbaren Blut. Er wurde unterstützt von seinem geistlichen Sohn, dem heiligen Kaspar del Bufalo. Papst Pius VII. erhob diese Bruderschaft 1814 zur Erzbruderschaft. So wurde sie in aller Welt ein geistliches Band für einzelne Verehrer wie auch für zahlreiche Ordensgemeinschaften. Aus dieser Bruderschaft ist auch die Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut (CPPS) hervorgegangen, die der hl. Kaspar del Bufalo im Jahre 1815 zur Erneuerung der Kirche in der Kraft des Blutes Christi gegründet hat.
Winfried Wermter trat 1961 in die Kongregation des hl. Kaspar ein und hat dann später unsere Geistliche Familie ins Leben gerufen. Wie kam es dazu? Nach den ersten Jahren seiner missionarischen und erzieherischen Tätigkeit in Österreich und Liechtenstein wurde er Vizegeneral seiner Kongregation in Rom. Dort arbeitete er unter anderem an der nachkonziliaren Erneuerung der Generalstatuten für die Bruderschaft mit, die nun „Unio Sanguis Christi” genannt werden sollte. Nach seiner Amtszeit ging er am Anfang der achtziger Jahre als Missionar in das damals noch kommunistische Polen. So wollte er einen Beitrag dazu leisten, den Traum des hl. Kaspar zu erfüllen, der die Botschaft des Blutes Christi „mit 1000 Zungen“ in der ganzen Welt verkündet wollte. Mit dieser Mission in Polen kann man den zweiten Abschnitt der Vorgeschichte der Geistlichen Familie vom Heiligen Blut beginnen:
Am 21. Oktober 1983 wurde in Tschenstochau (Polen) das erste Missionshaus „St. Kaspar“ eingeweiht, das von Anfang an gemeinsam mit Ordensschwestern geführt wurde, den „Anbeterinnen des Blutes Christi“. Die neu entstehenden Missionshäuser in diesem Land waren auch von einem besonderen „Familien-Charisma“ mitgeprägt, das über das herkömmliche CPPS-Charisma und die traditionelle Blut-Christi-Verehrung hinausging. Die gegenseitige partnerschaftliche Ergänzung von Ordensfrauen und Ordensmännern, Priestern und Laien hat die geistliche Mutter- und Vaterschaft fruchtbar gemacht für die Evangelisierung der Kirche. Das Klima, das im Missionshaus entstand – eine bunte Palette von Patres, Brüdern, Schwestern, engagierten Laien, Kindern, Jugendlichen… – schenkte den Hilfesuchenden jeder Altersstufe neue Hoffnung und Geborgenheit und half bei der Erziehung und inneren Heilung.
Weil die Schwestern in Laufe der Zeit aus dieser Zusammenarbeit zurückgezogen wurden, gründete Pater Winfried am 14. September 1987 einen neuen Schwesternzweig – die Gemeinschaft der „Missionarinnen vom Kostbaren Blut“ (MSC), die sich aus dem spirituellen Leben der schon existierenden Laiengruppen heranbildete. Diese Schwestern übernahmen nun die mütterliche Rolle in der heranwachsenden geistlichen Familie. Die neu entstehenden Missionshäuser dienten durch Einkehrtage, Exerzitien, Kinder- und Jugendfeste, Gemeinde-Missionen und mit einem eigenen Verlag der religiösen Erneuerung. Aber auch Menschen mit verschiedensten Abhängigkeiten und Belastungen fanden in dieser Geistlichen Familie Heilung und Befreiung. Diese caritative Tätigkeit fand im Jahr 1992 in Rawa (bei Warschau) einen besonderen Stützpunkt. Es ging vor allem um die Rettung von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen in Schwierigkeiten (oft in Folge von Suchtproblemen), die familiäre Geborgenheit finden sollten.
Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass die neu entstandene geistliche Familie mit ihren sozial-caritativen Schwerpunkten nicht mehr in die Struktur der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut passte. Darum gründete P. Winfried im Jahr 2006 die Gemeinschaft der „Brüder vom Heiligen Blut“, die vom Bischof von Regensburg, Dr. Gerhard Ludwig Müller, in Aufhausen (Bayern) kanonisch errichtet wurde. Diese Gemeinschaft wurde am 15. September 2012 von Papst Benedikt XVI auf die Bitte der Brüder in die „Kongregation des hl. Philipp Neri in Aufhausen” umgewandelt. Die Missionarinnen vom Kostbaren Blut, die es als ihre Berufung ansahen, auch weiterhin mit den Brüdern als eine geistliche Familie zusammen zu arbeiten, wurden am 26. August 2009 vom Bischof von Feldkirch, Dr. Elmar Fischer, kanonisch als eine neue Gemeinschaft errichtet mit dem Titel „Dienerinnen vom Heiligen Blut“ (SAS). Durch die gemeinsame Spiritualität dieser beiden Gemeinschaften und das gemeinsame Apostolat bildete sich auch wieder ein gemeinsamer Freundeskreis, der als „Bruderschaft vom Heiligen Blut“ (CSS) die neue Geistliche Familie vom Heiligen Blut vervollständigt.