Wie kann man seine Tochter vor dem Kloster retten?
Ein kleiner Ratgeber nicht nur für die Töchter, sondern auch für ihre alarmierten Mütter…
Einen Priestersohn zu haben, ist für viele fromme Mütter nicht nur eine große Gnade, sondern auch eine Ehre. Priester sein, bedeutet für viele Menschen auch heute noch Ansehen, Position, materielle Sicherheit usw. Wie könnte man sich darüber nicht freuen!
Tritt aber die Tochter in ein Kloster ein, so ist sie schließlich „nur“ eine Schwester. Der Kommentar in einer solchen Situation ist normalerweise: „Dieses Mädchen hatte offensichtlich kein Glück mit Freunden oder sie hatte Angst vor der Ehe aufgrund unangenehmer Erfahrungen in der eigenen Familie oder Umgebung… Vielleicht will sie sich deshalb im Kloster vergraben…“
Wer sich das Leben und die Berufung einer Ordensschwester ohne Glauben ansieht, kann sich leicht eine falsche Meinung bilden und zu solchen falschen Vorurteilen gelangen.
Was bedeutet es, ein „guter Katholik“ zu sein? Wer versucht, nach der Heiligen Schrift zu leben, in Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater, seinem Bischof und der ganzen Kirche … der ist ein überzeugter Katholik. Bei vielen Menschen bedeutet aber der regelmäßige Kirchgang nicht automatisch auch, dass sie für den Herrgott leben und die Dinge des Reiches Gottes in ihrem Herzen tragen. Sie glauben von sich selber, dass sie gute Katholiken sind, weil sie bestimmte traditionelle Gebetspflichten erfüllen. Familiäre Interessen oder persönliche Ambitionen haben jedoch oft den Vorrang. Man kann verstehen, dass für eine normale Frau und Mutter auch der Gedanke an Enkelkinder wichtig ist, aber ein Mensch, der wirklich aus dem Glauben lebt, ist auch bereit, auf persönliche Wünsche zu verzichten, wenn Gott und das Wohl der Kirche und Gesellschaft es erfordern.
Manchmal denken Mütter, ihre Töchter würden in einem religiösen Orden unglücklich werden. Doch sie wissen gar nicht so recht, wie ein solches Leben überhaupt aussieht. Sie können selber sehr gute Menschen sein, die aber nie das tiefe Glück erfahren haben, das sich aus der engen Verbindung mit Jesus ergibt. Nicht nur die liebevolle Hingabe an den eigenen Ehemann ist eine Quelle des Glücks – die geistige Hingabe an Jesus kann noch viel mehr Erfüllung und Freude bringen.
Manchmal kommt es vor, dass eine Mutter einfach nie die Freude von Exerzitien, einer Pilgerreise oder einem Leben in Gemeinschaft erfahren hat, wo die Gegenwart Gottes erfahrbar wird. Es fällt ihr daher schwer zu verstehen, warum ihr eigenes Kind ein anderes Leben anstrebt.
Dazu könnte folgende Geschichte helfen:
Es lebte einmal eine glückliche Henne, die zehn Eier ausbrütete. Mit einem von ihnen hatte sie ein wenig Mühe, weil es größer war als die anderen neun. Doch die liebende Mutter gab nicht auf. Sie saß einfach ein paar Tage länger und ließ auch diese zehnte Tochter auf die Welt kommen. Sie wusste nicht, dass dieses lästige Baby nicht aus ihrem eigenen Ei stammte – der Wirt hatte ihr ein Entenei ins Nest gelegt. Mama Henne liebte alle ihre Küken, und dieses eine, das ein wenig anders war und ihr mehr Schwierigkeiten bereitete, hatte sie vielleicht sogar noch mehr in ihr Herz geschlossen.
Eines Tages machte die stolze Mutter einen Spaziergang mit der ganzen Schar. Als sie sich dem See näherten, erklärte Mama Henne den Kindern, dass sie nicht ins Wasser gehen dürfen, um nicht zu ertrinken. Doch die größte Tochter hörte nicht zu. Etwas tief in ihrem Herzen zog sie zum Wasser hin. Mama hatte davon abgeraten, es sogar verboten, sie schrie und jammerte… – nichts hat geholfen! Die Tochter folgte ihrem eigenen Herzen. Sie stürzte sich in die Wellen und schwamm fröhlich davon, wobei sie ihre weinende Mutter und ihre Geschwister aus der Ferne grüßte. Schließlich war sie eine Ente und konnte schwimmen….
Ist die Sorge einer Mutter um ihre Tochter, die das Charisma und eine Berufung zum Ordensleben hat, nicht etwas ganz Ähnliches?
Dieser Vorschlag klingt nicht schlecht, aber er hat auch seine Schwächen. Wenn ein Mädchen nach der Sekundarschule mit ihrem Freund oder Verlobten ausgehen will, ist es schwierig, ihr das mit dem Argument zu verbieten: Warte bis zum Ende deines Studiums – vielleicht findest du dann einen noch besseren Mann!
In der Regel dauert es sechs bis neun Jahre vom Eintritt in ein Kloster bis zu den endgültigen Gelübden. Das ist wesentlich mehr Zeit, als junge Leute investieren, um sich für eine Heirat vorzubereiten. Diese Zeit sollte ausreichen, um eine endgültige Entscheidung zu treffen. Außerdem passt sich ein junger Mensch Mitte zwanzig leichter an neue Lebensbedingungen, Strukturen und Menschen an als nach dem Studium. Es ist gut, zu heiraten oder in einen Orden einzutreten, wenn das Herz entflammt ist. Auch der Eintritt in das Ordensleben erfordert ein gewisses spirituelles „Verliebtsein“. Wenn man zu lange wartet, kann man nicht nur den Freund, sondern auch die Ordensberufung verlieren. Es gibt auch die Ausnahme, bei der jemand viele Jahre mit der Verlobung wartet und es dennoch schafft, eine gute Familie zu gründen. Auch eine religiöse Berufung kann manchmal bis zum Ende des Studiums andauern, aber das ist riskant. Verlangen die Eltern nicht manchmal, dass ihre Tochter zuerst studiert, bevor sie ins Kloster geht, weil sie im Stillen hoffen, dass dann vielleicht die Begeisterung für das Kloster bei ihrer Tochter vergeht…?
Wenn man während des Studiums die Berufung zu einem Orden entdeckt, ist es in der Regel ratsam, das Studium erst zu beenden, bevor man eintritt. Wenn man jedoch schon vor Beginn des Studiums über seine Berufung Bescheid weiß, sollte man nicht erst anfangen zu studieren, sondern dem Orden beitreten. Wenn jemand eine Berufung zur Familie hat, sollte eine gesunde Entwicklung der Familie auch Vorrang vor einem Studium haben. Das Hinausschieben des Heiratsdatums oder der Geburt von Kindern über einen längeren Zeitraum kann für eine Ehe und Familie sehr schädlich sein. Ebenso kann ein längeres Hinausschieben des Termins für den Ordenseintritt für die richtige Entwicklung einer Berufung oder eines Charismas abträglich sein. Abgesehen davon kann man sich fragen: Warum sollte man fünf Jahre in ein Fachstudium investieren, wenn die Tätigkeiten und Bedürfnisse im Orden später wahrscheinlich ganz anders aussehen werden? Warum eine solche Verschwendung in der besten Ausbildungszeit?!
Es kann vorkommen, dass die gesundheitliche oder wirtschaftliche Situation der betagten Eltern eine besondere Betreuung und auch die Anwesenheit ihres erwachsenen Kindes erfordert. In der Vergangenheit, als es noch keine Renten, Pensionen, Altersheime, Hospize usw. gab, war die Verpflichtung zur Hilfe durch die Kinder noch ausgeprägter. Heutzutage jedoch lassen sich Dankbarkeit und Respekt gegenüber den Eltern vielleicht am besten dadurch ausdrücken, dass die Kinder Zeit für Besuche und andere Kontakte haben…. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Verantwortung gegenüber den Eltern nicht nur die Kinder betrifft, die eine Berufung zum Ordensleben entdecken. Es gibt Situationen, in denen die Eltern bewusst psychologischen und spirituellen Druck auf die Kandidaten für das Ordensleben ausüben, z. B. durch ihre Pflegebedürftigkeit. Wenn aber dann die Tochter den Orden verlässt, ein Jahr später heiratet und zu den Schwiegereltern zieht, weit weg von zuhause, dann scheint alles in Ordnung zu sein!
Sicherlich muss man sich immer um die Eltern kümmern – und oft sind es gerade die Kinder, die in einem Orden leben und die natürliche Familie nur gelegentlich besuchen, die durch Gebet und geistliche Opfer am meisten denen daheim helfen. Das vierte Gebot darf auch nicht missbraucht werden, um Kinder an der Entwicklung ihres eigenen Lebens und ihrer Berufung zu hindern. Jedes Kind ist ein “geliehenes Geschenk”, das nach achtzehn oder zwanzig… Jahren zurückgegeben werden muss. Man kann ein Kind nicht nach seinen eigenen Bedürfnissen, Plänen, Interessen oder Launen großziehen und für die eigenen Wünsche zurückbehalten. Jeder Mensch hat das Recht darauf, sich gemäß seiner eigenen Berufung und Wahl zu entwickeln.
Es stimmt, dass jede Berufung von kompetenten Personen geprüft und bestätigt werden muss, bevor man von einem echten Charisma sprechen kann. Eine erste Begeisterung über die schöne Atmosphäre bei Exerzitien oder Berufungstreffen bedeutet noch nicht, dass der Wunsch nach einem Ordensleben eine echte Berufung ist. Es muss geprüft werden, ob der junge Mensch nur für sich selbst ein schöneres Leben in gefühlsvoller Atmosphäre sucht…, oder ob er wirklich Christus in guten und auch schweren Tagen folgen will. Genauso wie es nicht ausreicht, einem Jungen in einer Disco zu begegnen, um ernsthaft mit ihm eine Beziehung einzugehen, reicht es auch nicht aus, eine religiöse Feier zu erleben, um herauszufinden, ob dies die Art ist, nach der ich bis zum Lebensende leben möchte. Wer in der Familie oder in der Pfarrei noch nicht gelernt hat, den Kreuzweg mit Christus zu gehen oder überhaupt den Glauben zu leben, sollte zunächst eine gewisse Zeit in einem Orden mitleben, bevor er sich für den Eintritt entscheidet.
Um die Echtheit einer Berufung zu erkennen, ist neben körperlicher und geistiger Gesundheit auch eine entsprechende Motivation erforderlich. Die folgenden Fragen können helfen, diese Motivation zu überprüfen:
a) Willst du in einen Orden eintreten, weil dir bestimmte Menschen in dieser Gemeinschaft gefallen oder willst du Christus gemäß dem Charisma des Ordens folgen?
b) Willst du mitmachen, um dich selber gut zu fühlen (glücklich zu sein) oder willst du vor allem Christus und den Bedürftigen dienen?
c) Willst du mit Jesus nur an den guten und angenehmen Tagen zusammen sein, solange du gesund und erfolgreich bist und alle dich mögen, oder bist du bereit, mit Jesus auch nach Golgota zu gehen (Einsamkeit, Ungerechtigkeit, innere Wüste…)?
d) Willst du in einen Orden eintreten, weil du Angst vor der Ehe und der Welt hast, oder weil du weißt, dass die Welt Christus und dein Glaubensbeispiel mehr braucht als deine Familie und deine berufliche Arbeit?
e) Willst du in ein Kloster eintreten, weil du ein ruhiges Leben magst, oder bist du bereit, ohne eigenes Geld (Armut), ohne Mann, Kinder, Enkel… (ehelose Keuschheit) und ohne eigene freie Entscheidung in täglichen Angelegenheiten (Gehorsam) zu leben?
f) Hast du einen regelmäßigen Beichtvater, einen geistlichen Begleiter oder einen in religiösen Fragen erfahrenen Freund, der dich kennt und deinen Wunsch nach einer Berufung bestätigen kann?
g) Bist du bereit, für deine Berufung zu kämpfen und dafür viel Ärger und sogar Verfolgung durch Menschen in Kauf zu nehmen, die es zwar gut mit dir meinen, aber nicht verstehen, worum es bei einer solchen Berufung eigentlich geht?
h) Ist dir klar, dass du erst dann von einer „Berufung“ zu einer bestimmten Ordensgemeinschaft sprechen kannst, wenn deren Verantwortliche dich angenommen und deine Wahl endgültig bestätigt haben?
Eigentlich sollten wir die Mutter, den Vater und die ganze Familie beglückwünschen, wenn die Tochter eine Berufung zum Orden entdeckt. Menschlich gesehen ist diese Hingabe eines Kindes in den vollen Dienst Gottes nicht einfach, aber durch den Glauben hat alles einen tiefen Sinn und Wert. Wenn Gott uns jemanden „wegnimmt“, will er uns sich selbst geben!
Um der Familie zu helfen, muss vor allem der Glaube gestärkt werden. Neben dem Gebet helfen auch gute menschliche Kontakte. Den Familienmitgliedern wird es oft helfen, wenn sie sich stärker am Leben in der Pfarrei beteiligen. Darüber hinaus ist es gut, wenn Eltern und Geschwister sich dem Freundeskreis oder „Dritten Orden“ jener Gemeinschaft anschließen, der die Tochter beitreten möchte. Schließlich braucht jeder Orden Menschen, die sich durch Gebet und wenn möglich auch durch materielle Hilfe an seiner Mission beteiligen. Wie gut tut es auch den Schwestern, wenn z.B. ein gutwilliger Papa einen Teil seines Urlaubs im Kloster verbringt und all die vernachlässigten technischen Geräte repariert… Auch die Mama findet eine gute „Ausrede“, um mal wieder ihre Tochter zu besuchen, wenn sie z.B. kommt, um im Haus und Garten des Klosters zu helfen – ganz zu schweigen von den Exerzitien und Einkehrtagen, die für Freunde des Ordens organisiert werden.
Der Eintritt eurer Tochter ins Kloster kann zur Vertiefung des Glaubens und zur Heiligkeit der ganzen Familie beitragen!